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Component 1
简介
Viel ist schon geschrieben worden über die besonderen Qualitäten improvisierter Musik. Über jenes „Mehr“ an Intensität, das sich dort ergeben kann, wo nicht nur vorgegebene Kompositionen möglichst „werkgetreu“ interpretiert werden müssen. „Es geht darum, dass man richtig loslassen kann“ erläutert Tobias Preisig. „Um auf eine andere Ebene zu kommen, wo die Musik von alleine passiert. Das ist unser Ziel in der Band – in einem gewissen Sinne ist das spirituell, aber mit Religion hat es nichts zu tun.“ Wer Preisigs neues Album „In Transit“ hört, benötigt keine Erklärungen mehr: schon die Einstiegs-Titel „Infinite Inhale“ bzw. „Infinite Exhale“ sind pure Intensität, greifbare Energie. Diese Musik philosophiert nicht bloß über existenzielle Grundlagen – sie handelt buchstäblich davon. Vom Atem zum Beispiel. „ Wie bringen wir die Musik zum singen, wie zum atmen, wie bringe wir sie dazu, dass sie sich verselbständigt? Das klassische, virtuose Repertoire hat Tobias Preisig zur Genüge kennen gelernt. Schon als Siebenjähriger wusste er, dass er Geige spielen wollte. Umgehend meldeten ihn seine Eltern zum Unterricht an, der schließlich zum Studium an der Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt Zürich führte. Doch schon früh ging er auch eigene Wege: Beim Workshop im Jugend-Orchester wurde Preisig zur Bigband eingeladen. „Da ist der Funke übergesprungen.“ Er bekam Kontakt zur Schweizer Jazzszene und studierte an der Swiss Jazz School sowie an der New School in Manhattan. 2003 ging er auf Tour mit dem European Youth Jazz Orchestra und nach einem halbjähriger Aufenthalt in Paris folgten Zusammenarbeiten mit Luciano Biondini, Daniel Schnyder, Thomas Demenga, dem Kaleidoscope String Quartet und Duos mit George Gruntz (2010 erschien ihr aktuelles gemeinsames Album »Little Horse - Ho!« mit Gast-Saxofonist Dave Liebman) und dem Stimmkünstler Christian Zehnder. Im Frühjahr 2010 erschien das Debüt-Album »Flowing Mood« mit dem eigenen Quartett beim New Yorker Label ObliqSound. „Ich habe lange gewartet, bis meine Musik reif war und ich genau die richtigen Musiker gefunden habe, die dieselbe Sprache sprechen und denselben eigenen und neuen Weg beschreiten wollen.“ Seitdem ist das Quartett (mit Stefan Aeby, Piano, André Pousaz und Michi Sulz) in regelmäßiger Arbeit zusammen gewachsen; auf Tournee in der Schweiz, Frankreich und Deutschland, bei Festivals wie dem Cully Jazzfestival, beim Hamburger Überjazz, dem Basler OffBeat und zur Eröffnung des Jazzfestival Schaffhausen 2011. „Den Titel unserer zweiten CD kann man so verstehen, dass wir zurzeit in einer Transitzone sind und wohl auch nie ankommen werden, weil wir ständig auf der Suche sind“ erklärt Tobias Preisig. Auf welcher Ebene die vier Musiker inzwischen interagieren, zeigen Stücke wie »Charming Sophistication«, das seinen Titel nicht zufällig trägt. Da greifen zarte Akzente von Schlagzeug, Bass und präpariertem Klavier zu einem gleichermaßen zurückhaltenden und präsent spannungsreichen Groove ineinander, organisch öffnet sich die Intensität zur gemeinsamen Improvisation. Oder die ostinate Ruhe des Trance-artigen »Intoxicated Wheel«, das sich kreisend immer tiefer in offene Ohren und Herzen eingräbt. Diese Musik lässt ihre Zuhörer nicht unberührt. Konsequent hat Tobias Preisig seinen eigenen Klang entwickelt: warm und dunkel, fast meint man, eine Bratsche zu hören unter seinem feinnervigen Bogen. Und auch der Bandsound arbeitet sich nicht an Vorbildern und Kategorien ab, sondern auf den Mut zum Sanften, zum Poetischen, bisweilen Melancholischen setzt. Und dabei auch einen »Totenmarsch« möglich macht, der weder ins unverbindlich-metaphysische, noch in empfindsamen Betroffenheits-Kitsch abrutscht. In Mexiko fand der gerade dreißigjährige Preisig ein Geige spielendes Skelett – kein mahnendes „Memento Mori“, vielmehr zum dortigen „Día de los Muertos“ ein Symbol für das pralle Leben. »In Transit« - das ist auch eine Metapher für die gesamte Bandbreite unserer Existenz vom Ein-und Aus-Atmen durch vielfältiges »Transforming« bis hin zur heiligen Gewalt der Liebe, die bis in den Tod reicht: Im Zentrum des Albums entfaltet sich Leonard Cohens »Hallelujah« als wunderbar doppelbödige Coverversion. Wer darin etwa eine christliche Anrufung vermutet, kennt den Text des Klassikers nicht. Ganz anders Preisig: „Ich war gefangen von Jeff Buckleys Version. Sie hatte mich befallen wie ein Parasit, ließ mich nicht mehr los. Also fing ich an, mich mit dem Stück zu beschäftigen. Es ist ein Versuch, in einer fruchtbaren Symbiose mit diesem Parasiten leben zu lernen.“ Doch das Album »In Transit« umfasst auch die leichteren Aspekte des Lebens. „Wir empfinden »What an Appearance« mit seinem 7/4-Takt als Aufhellschein, die Welt geht wieder auf mit dieser fast kitschig-schönen Melodie“. Dabei mag Tobias Preisig niemandem vorschreiben, wie seine Musik zu verstehen sei: ob melancholisch-bluesig oder einfach rockig-intensiv. Am liebsten würde er im Konzert die Titel nicht ansagen: „Es gibt zwei Arten von Leuten: die Einen holen sich im Museum als erstes den Audio-Guide und lassen sich jedes Bild erklären, die anderen lassen die Eindrücke erst auf sich einwirken und wollen eigene Gedanken formieren. Ich gehöre definitiv zu denen die den Audio-Guide links liegen lassen“. Wie immer bei guter Kunst benötigt „In Transit“ auch keine Erklärung. Diese Musik packt Ihre Zuhörer und beschäftigt Ohren, Hirn und Herz. Das ist eine Warnung an alle, die gern auf Nummer Sicher gehen. Und eine Einladung, sich mit „In Transit“ zu begeben.