- 歌曲
- 时长
-
Component 1
简介
Der heute 82jährige Charlie Mariano war schon immer ein Vorkämpfer der Schönheit im Jazz. Wo andere Jazzmusiker Gegensätze aufeinander prallen ließen, synkopierten und Dissonanzen ausarbeiteten, fahndete er stets nach einem Höchstmaß an Harmonie, und das, obwohl er an der Seite Charlie Parkers einen der größten kulturellen Clashs des 20. Jahrhunderts mitgestaltete. Doch Mariano war einer der ganz wenigen, die die subversive Energie des Bebop in spirituelle Eindringlichkeit zu transformieren wussten. Als er im Jazz allein nicht mehr fündig wurde, suchte und fand er neue Inspiration in der indischen Musik. Musik funktioniert bei Mariano wie ein Trichter, durch den er eine möglichst große Masse positiver Spannung auf einen möglichst kleinen Punkt konzentriert. Seine Spiritualität in Worte zu fassen, muss zwangsläufig scheitern, da schon seine Klänge kaum fassbar sind. In Marianos Spiel kulminiert ein ganzes Jahrhundert. Er verlangt das ganze Ohr, den ganzen Hörer. Was der alte, weise Mann des Saxofons jetzt mit Pianist Beirach und den Hübner-Brüdern an Geige und Bass zu Gehör bringt, ist die Quintessenz all seiner musikalischen Forschungsreisen der zurückliegenden Jahrzehnte. Freilich weiß selbst ein gestandener Routinier wie Mariano, dass er nicht alle grundsätzlichen Fragen des Lebens allein stemmen kann. So entstand auch die Besetzung dieses Quartetts nicht zufällig. „Beauty“ resultiert aus keiner jener für den Jazz so fatal typischen Session-Bekanntschaften, die an zwei Nachmittagen mal jeweils drei Takes von acht Stücken aufnehmen, um dann wieder separater Wege zu gehen und sich nach anderthalb Jahren wieder zu einer gemeinsamen Tour zusammenfinden. Nein, das Beauty Quartett ist Teil eines musikalischen Stammbaumes, der sich über drei Generationen erstreckt. Richie Beirach ist stark von seinem Lehrer Charlie Mariano geprägt. Seine Auffassung von tiefgehender Schönheit im Klang manifestierte er unter anderem in den Bands von John Abercrombie und Dave Liebman. Beirach wiederum war Mentor des in New York lebenden Stuttgarters Gregor Hübner, mit dem er im Trio mit George Mraz Triumphe bei der unkonventionellen Umsetzung von Kompositionen Béla Bartóks und Federico Mompous feierte. Mariano, Beirach und Hübner agierten bereits als Trio, bis sie sich zur Erdung noch Hübners Bruder Veit an Bord holten. Dass diese Konstellation überhaupt aufgeht, liegt wohl nicht zuletzt an den gegensätzlichen Timbres von Saxofon und Geige, die sich niemals im Weg stehen, ja nicht einmal Interferenzen hervorbringen. Egal ob sich das Quartett dem Allgemeingut von Jazz-Standards verpflichtet oder Originale aus eigener Feder umsetzt, stimmt es einen Grundton kosmischen Einvernehmens an, der das Korsett profaner Genres und Kategorien vergessen macht. Vielleicht ist diese Musik Jazz, denn sie ist instrumental, und Improvisation zieht sich als wesentliche Konstante durch sämtliche Stücke. Doch die gemeinsame Inspiration verheißt noch viel mehr. Kulturelle Versatzstücke, Befindlichkeiten und Erfahrungen aus Europa, Amerika und Asien werden hier auf eine unprogrammatische und Epochen übergreifende Weise verwoben, dass es auf die Herkunft oder Beschaffenheit des einzelnen Idioms gar nicht mehr ankommt. Vielmehr weckt jeder einzelne Ton eine stille, unverstellte Sehnsucht nach dem jeweils nächsten Ton. Die Musik passiert einfach, ohne Rücksicht auf Erwartungen oder Gewohnheiten potentieller Hörer. Wenn man diese Musik überhaupt Jazz nennen darf, so führen Mariano, Beirach und die beiden Hübners ihn nach einer mehr als hundertjährigen Irrfahrt zurück zu den Urgründen einer Unschuld, die ihm wahrscheinlich bestenfalls der Legende nach eigen war. Drei Generationen fügen vor völlig unterschiedlichen Erfahrungshintergründen ihr dreidimensionales Bild von Schönheit zu einem dermaßen komplexen, homogenen, dichten und doch transparenten Mosaik von Schönheit zusammen, dass sich jedes weitere Wort, jede Beschreibung an dieser Stelle verbietet. Wer Ohren hat, der höre... Vielleicht gibt es sie ja doch, jene von menschlicher Sensorik unabhängige Schönheit, die dem Göttlichen so nahe kommt wie einst die Pyramiden, die Musik Monteverdis und Bachs oder die Altare eines Jan van Eick.